Wieso Wendelitz ?

Woher hat dieser Platz seinen Namen

Täglich schauen Staßfurter zur gegenwärtig größten Baustelle im Zentrum der Stadt, zum neu geschaffenen See. Die Meinungen darüber sind unterschiedlich, aber was sich da entwickelt ist doch sehr imposant. Viele Fragen nach dem Sinn und der Notwendigkeit wurden gestellt und bereits zu unterschiedlichen Anlässen beantwortet. Vielleicht sollte doch noch ein Flyer erarbeitet werden, damit der Interessierte noch einmal nachlesen kann. Eine der vielen Fragen habe ich aufgegriffen: Warum heißt denn das Gebiet überhaupt "Wendelitz"? Man weiß, dass es um 1900 in Verlängerung der Kirchstraße in Richtung Schloßstraße (heutige Kottenstraße) eine Straße mit dem Namen gab und bereits um 1800 gab es hier einen Platz , den man Wendelitz nannte.

Zur Geschichte des Namens

Den Begriff "Wendelitz" gibt es aus der Salzsiederei. Da die Geschichte Staßfurts immer eng mit dem Salzsieden zu tun hatte, vermuteten einige Historiker diesen Bezug. Diese Wendelitze waren hölzerne Rohre, durch die die Salzsohle in die Siedepfanne geleitet wurde. Einige Historiker  meinten, dass auf diesem Platz diese Rohre gelagert wurden. Damit hat die Bezeichnung der Fläche im Zentrum unserer Stadt aber nichts zu tun.

Eher kann man als Namensgeber geschichtliche Ereignisse heranziehen. Es sind die "Wenden" der Namensgeber dieses  Platzes. Als Wenden bezeichnet man alle in Mittel- und Ostdeutschland sowie in den Ostalpenländern ansässigen Slawen. Dieser slawische Völkerstamm hatte unser  heutiges Gebiet um das 6. Jahrhundert bereits vor den Sachsen , Franken , Bayern und  Thüringern besiedelt.  Im Bereich der Bode lag ein Wendendorf neben dem anderen. Die Wenden bauten sich Burgen in einem ganz einfachen Baustil, um sich vor
Überfällen und Kämpfen mit den Sachsen zu schützen. So entstand eine Wendenburg Staßfurt in dem Bereich , in dem später das Schloss bzw. die Zuckerfabrik errichtet wurde. Diese wurde in den damaligen Kriegen oftmals zerstört. Eine Burg wurde von Graf von Plötzkau nach einer Zerstörung wieder aufgebaut und als Schutz der sächsischen Bewohner vor den Überfällen der Wenden genutzt.

Auf der Seite Alt-Staßfurts waren im Dorf Wendelitz die Bewohner in der Nähe der Sülze im Besitz von Solquellen und deshalb bei den Sachsen verhasst, die deshalb immer wieder  Kriege führten und die Wenden vertrieben. Die gefangen genommen Männer wurden auf die gegenüberliegende Seite der Bode gebracht, in das Gebiet der späteren Stadt Staßfurt. Sie mussten sich hier  im Kreis ansiedeln, um so besser bewacht werden zu können. Diese Ansiedlung wurde nach dem Namen des Heimatdorfes auf der anderen Bodeseite auch Wendelitz genannt. Der Name wurde über Jahrhunderte beibehalten.


Zur Geschichte des Platzes

Der Platz war im Mittelalter ein Standort für Wasserfässer , um diese dann bei Bedarf mit Pferdegespannen zu den  Brandstellen zu ziehen. Im 18. und 19. Jahrhundert war der Wendelitz noch ein ebener  Festplatz, der  bis heute bedingt durch die Bergbauschäden,  um etwa 7 m abgesunken ist. Mit dem Kalibergbau und der Schaffung von Wohnhäusern wurde dieser Bereich , also um die St. Johanniskirche, bebaut. Vom Platz Wendelitz blieben nur noch der "Kleine Markt" und eine kleine Straße mit dem Namen Wendelitz. Nach den vorliegenden Adressbüchern standen in der Straße nur 3 Häuser, die  auch den Senkungen zum Opfer fielen. Um 1968/69 erfolgte im gesamten Wohnbereich eine großflächiger Abriss von Wohnhäusern . Ein letztes Haus blieb  noch bis 1980 stehen  und wurde dann abgerissen. Dieses Haus (Wendelitz 3) wurde 1872 durch den Klempnermeister Louis Sandau erbaut, gehörte später der Familie Lindenberg und zuletzt wohnte Fritz Nimmich mit seiner Familie in dem Haus, bis es 1980 abgerissen wurde. Der gesamte Platz, auf dem sich einst der "Schiefe Turm" befand, verblieb im Sprachgebrauch als "Wendelitz" und diente als Festplatz für Staßfurts Volksfeste.

© H.J.Czerwienski

1950er Jahre

um 1991

um 1993