Königsplatz erhielt 1886 seinen Namen
 
 

Der Platz ist kaum wieder zu erkennen - der heutige Königsplatz im ehemaligen "Nachtjackenviertel". Seitdem 1992 mit der Sanierung des gesamten Gebietes um den Königsplatz  begonnen wurde, ist hier bis heute ein attraktiver und begehrter Wohnbereich entstanden. Interessant ist aber die wechselvolle Geschichte, die bereits vor 1870 begann.

 
Eine neue Wohnsiedlung entsteht
 

Mit der Abteufung der ersten Kalibergbauschächte 1852 entwickelte sich in Staßfurt eine Vielzahl von Industriebetriebe. Die sich rasant entwickelnde Kaliindustrie brachte einen erheblichen Zuzug von Bergleuten und Arbeitern mit ihren Familien sich. Es gab zu wenige Wohnungen, neue Wohnsiedlungen mussten errichtet werden. Die Stadt Staßfurt - südlich der Bode gelegen - hatte durch seine Lage zur Landesgrenze von Anhalt keine Möglichkeiten, sich nach Süden auszudehnen. Deshalb wurde bereits vor 1870 die Errichtung der wohl größten Siedlung nördlich des Dorfes Alt Staßfurt geplant. Das Dorf Alt-Staßfurt gehörte schon seit 1868 mit seiner Eingemeindung zur Stadt Staßfurt. Auf einer Freifläche, de fakto auf der grünen Wiese , entstanden nach Plan die ersten Wohnhäuser in der heutigen  Kurzen Straße (Landwehrstraße) , Bischofstraße und der  Ackerstraße (früher Weißenburger Straße).

 

Typisch für dieses Gebiet waren die streng parallel verlaufenden und schnurgraden Straßen sowie aneinandergrenzende Baublöcke rund um den Königsplatz. Schon in der Planungsphase der Wohnsiedlung waren der Bau einer Schule (des heutigen Goethe Hauses des Dr. Frank-Gymnasiums ) und einer Kirche, der heutigen St. Petri Kirche für eine immer größere werdende Gemeinde vorgesehen. Der Kirchenbau war gleichzeitig ein Ersatz für die 1886 abgerissene, weil die kleine St. Petri-Kirche aus dem Jahre 1120 auf dem Bienenberg am höheren Bodeufer gelegen viel zu klein und altersschwach geworden war. Der Bau der dreischiffigen Kirche im neugotischen Baustil stand unter Leitung des Regierungs-Baumeister Danger, die Bausausführung lag beim Bauunternehmer Friedrich König.

 

 

Wer war Namensgeber für den Königsplatz?

 

Zur Namensgebung für den Platz wurden von Historikern einige Theorien entwickelt. Eine Variante: Es könnte der Bauunternehmer König in Anerkennung seiner Leistungen beim Bau der St.Petri-Kirche gewesen sein. Dafür gibt es jedoch keinerlei Beweise. Fest steht aber  eins, dass der damalige Bürgermeister Florenz Reinhard im Februar 1886 in der Tageszeitung einen Beschluss des Staßfurter Magistrats veröffentlichte. Danach sollte in Erinnerung an das Regierungsjubiläums des Kaisers und Königs von Preußen Wilhelm I (geb. 1797, gest. 1888) dieser Platz den Namen "Königsplatz" erhalten.

 

Der Name des Platzes wurde seitdem mehrfach geändert und hieß zwischenzeitlich auch Friedensplatz, und zwar nach dem 1. Weltkrieg von 1922 bis 1924  und nach dem 2. Weltkrieg von August 1945 bis 1991. Dazwischen hieß immer wieder Königsplatz und seit Oktober 1991 trägt er wieder den traditionellen Namen Königsplatz.

 

 

Königsplatz war beliebter Marktplatz

 

 

Der Königsplatz mit seinem gesamten Umfeld war schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein attraktiver  Platz für Messen und Märkte. So fand jährlich Anfang Oktober an zwei Tagen ein traditioneller Schweine- und Ziegenmarkt statt, an dem Jungtiere, schlachtreife Tiere aber auch Futtermittel und landwirtschaftliche Produkte verkauft wurden. Bis zur Anlegung des heutigen Neumarktes an der Bode im Jahre 1935 fanden auf dem Königsplatz die alljährlichen Märkte und Jahrmärkte statt. Seit 1880 siedelten sich rund um den Königsplatz eine Vielzahl von kleinen Geschäften, Kleinhändler, Bäcker und Fleischer , Handwerksbetriebe und auch Gaststätten an. Die Gaststätten  entwickelten sich zu willkommenen Treffpunkten. Zu der beliebtesten zählte das Gasthaus und Tanzlokal "Zur blauen Diele" in der Wachtelstraße (heutige Lange­straße, aber die Gaststätte gibt es nicht mehr, sie wurde zum Wohnhaus umgebaut). In dieser Zeit gab es noch die "Goldene Kugel" und, "Zum Alten Fritz" sowie die Gaststätten von Friedrich Strube, Otto Größt. Stadtbekannte Ärzte praktizierten jahrelang in diesem Wohnviertel, wie Otto Geiß und Friedrich Wilhelm Geiß, Hans Rieger  und Dr. Niemann.

 

 

Vernachlässigung der Bausubstanz

 

Ab 1934 wurde der Königsplatzes im Rahmen von Notstandarbeiten gestaltet. Bäume wurden gepflanzt, Rasenflächen und Zugangstreppen angelegt und die letzten Straßen um den Königsplatz gepflastert. An den Gebäuden wurde kaum etwas gemacht. Während des zweiten Weltkrieges und besonders in den Jahren danach wurde an der Gebäudesubstanz nichts mehr getan, das gesamte Gebiet um den Königsplatz wurde vollkommen vernachlässigt. Die in den 70-er Jahren gewollte "Verbesserung der Wohnraumsubstanz" ging am Gebiet vorbei. Die zu diesem Zeitpunkt teilweise fast 100 Jahre alten Häuser verfielen zusehends. Keiner wollte hier mehr wohnen. Der Volksmund stempelte das Gebiet als "Nachtjackenviertel" ab. Die Situation schien aussichtslos. Ein katastrophaler Bauzustand, die Häuser ohne Bad und WC und die Straßen waren so schlecht, so dass man um 1980 den flächenmäßigen Abriss beabsichtigte.

 

Die Chance nach der Wende

 

Vom Pfarrer der St. Petri-Kirche aus gingen Ende 1989 die ersten Impulse für die Wende in Staßfurt aus. Dieser bereitete gemeinsam mit dem katholischen Pfarrer die Montagsgebete vor. Alles, was sich mit dem folgenden Mauerfall und der Wiedervereinigung entwickelte, war für das Wohngebiet um den Königsplatz die größte Chance. Das gesamte Gebiet wurde zum ersten Staßfurter Sanierungsgebiet erklärt. Dadurch konnte unter Inanspruchnahme von Fördermitteln aus dem Programm URBAN 21 eine komplexe Gestaltung und Sanierung der Straßen, Häuser und Wohnungen sowie der Freiflächen besonders auch des Königsplatzes vorgenommen werden. Im Herbst 1992 begannen die Baumaßnahmen in der Goethestraße. Der Königsplatz wurde im Herbst 1993 in Angriff genommen und komplett neu gestaltet. Neue Grünflächen und Kinderspielplätze wurden angelegt, Großbäume gepflanzt und Bankreihen aufgestellt. Um den Königsplatz wurden Parkplätze geschaffen. So hat sich der Königsplatz zu einem sehenswerten und beliebten zentralen Platz entwickelt, auf dem auch heute wieder Märkte mit großer Beteiligung durchgeführt werden. Das Wohngebiet um den Königsplatz hat sich in knapp 5 Jahren nach Beginn der Sanierung vollkommen verändert. Es ist attraktiv und modern geworden. Die Wohnungen haben den gewünschten Komfort, so dass sich viele Bürger aus dem Stadtrand entschieden haben, in dieses Wohngebiet zu ziehen.

 

© H.J.Czerwienski

 

Ansicht 1980er Jahre

 

Ansicht 2008